Epilepsie – eine Krankheit mit vielen Gesichtern

Epilepsien sind Erkrankungen, bei denen es wiederholt zu epileptischen Anfällen kommt. Ein epileptischer Anfall ist eine zeitlich begrenzte Funktionsstörung der Nervenzellen des Gehirns. Während des Anfalls kommt es zwischen Millionen von Hirnnervenzellen zu elektrischen Entladungen, durch die sie unkontrolliert „Befehle“ an den Körper weitergeben. Je nachdem, welche Nervenzellen involviert sind und was diese Nervenzellen am Körper steuern, äussert sich der Anfall anders.

Wie sich der Anfall bei einzelnen Betroffenen äussert, ist deshalb sehr unterschiedlich. Epileptische Anfälle können bei jedem Menschen und in jedem Lebensalter auftreten.

Man spricht von Epilepsien, weil in der Medizin über 30 verschiedene Formen von Epilepsien bekannt sind.

Hinzu kommt, dass auch die epileptischen Anfälle von Person zu Person sehr unterschiedlich aussehen können: Bei manchen ist dies ein Krampfen des ganzen Körpers, bei anderen nur ein Zucken oder die Bewegung einzelner Körperteile (z.B. Arm, Augenlid, Schmatzen usw.). Der Anfall kann sich aber auch in einer vorübergehenden Abwesenheit (Bewusstseinsstörung) zeigen. Weitere Anfallsformen und Kombinationen sind möglich.


In Bezug auf Epilepsie ist zwingend zwischen Auslösern und der Ursache zu unterscheiden. Auslöser stehen für bestimmte Umstände oder Zustände, welche bei einer betroffenen Person einen Anfall auslösen können. Bekannte Auslöser sind Hitze, Flackerlicht (Disco, Fahrt durch Baumallee), Geräusche, erhöhte Anstrengung. Die Auslöser sind sehr individuell und nicht alle Betroffenen kennen Anfallsauslöser. Die Ursache bezeichnet dagegen den Grund, warum ein Mensch überhaupt an Epilepsie erkrankt und epileptische Anfälle erlebt. 

Epilepsien können sehr unterschiedliche Ursachen haben, doch nicht immer lassen sich diese zweifelsfrei und sicher feststellen. Mögliche Ursachen sind:  

  • eine andere Erkrankung des Gehirns, wobei die Epilepsie dann ein Symptom dieser Erkrankung ist  
  • Stoffwechselkrankheiten, vorgeburtliche Fehlentwicklungen, schädigende Einflüsse während Schwangerschaft und Geburt
  • Vergiftungen 
  • Hirnverletzungen durch Schlaganfall, Hirnblutung, Hirntumor oder Schädel-Hirn-Trauma 
  • genetische Erkrankungen
  • unbekannte Ursachen: In etwa einem Drittel der Fälle bleibt die Ursache der Epilepsie ungeklärt

Epilepsien sind keine Erbkrankheiten, doch haben Kinder von Eltern mit Epilepsie ein erhöhtes Risiko Epilepsie zu bekommen (ca. 5% der Fälle). Das Risiko hängt von der Art der Epilepsie ab. 

Bei Symptomen, die den Verdacht auf eine Epilepsie nahelegen, sollte rasch und ohne Zögern eine medizinische Abklärung durchgeführt werden. 

Grundlagen für die Abklärung sind die Anamnese und die detaillierte Beschreibung der Anfälle. Hier sind Eltern oder Angehörige sehr gefordert, ihre Beobachtungen festzuhalten, vor allem wenn die betroffenen Kinder oder Erwachsenen die Anfälle nicht beschreiben oder sich nicht daran erinnern können. Die Beobachtungen sind für die Abklärung zentral. 

Auf die Anamnese folgen eine klinisch-neurologische Untersuchung und neurophysiologische Abklärungen mit dem Elektroenzephalogramm (EEG). Bei einem EEG werden die Spannungsänderungen der Gehirnaktivität aufgezeichnet. Dazu werden Elektroden auf der Kopfhaut platziert und mittels dünner Drähte mit dem EEG-Gerät verbunden. Die Untersuchung dauert ungefähr eine Stunde, sie ist ungefährlich, zuverlässig und schmerzlos. 

Das Diagnostizieren stärkerer Epilepsien erfordert weitere hoch spezialisierte Untersuchungen und Langzeitabklärungen. 

Epilepsien werden in der Regel in einem ersten Schritt medikamentös mit Antiepileptika behandelt. Manchmal ist es nötig, unterschiedliche Medikamente nacheinander oder nebeneinander zu nehmen. Der Weg, bis das richtige Medikament in der richtigen Dosierung gefunden ist, ist lang. 60 bis 70% der Epilepsien lassen sich mit Medikamenten gut behandeln. 

Eine kleine Zahl von Patientinnen und Patienten, mit sogenannten therapieresistenten Epilepsien, kann heute operativ behandelt werden, sofern sich der Anfallsursprung in einer bestimmten Gehirnregion genau identifizieren lässt.  

Weitere Therapieformen, die in einzelnen Fällen erfolgreich angewandt werden, sind spezielle Diäten (ketogene Diät) oder die Vagusnervstimulation (sog. Hirnschrittmacher). Unterstützend wirken bei manchen Betroffenen auch alternative Therapien, zum Beispiel Neurofeedback. 

Epilepsiebetroffene müssen regelmässig zum Facharzt/zur Fachärztin für Neurologie oder Neuropädiatrie. Es lohnt sich, sich auf diese Besuche vorzubereiten, um alle wichtigen Fragen zu klären. Epi-Suisse hat dafür ein Merkblatt ausgearbeitet mit Leitfragen zur besseren Vorbereitung.

Merkblatt für den Arztbesuch

Autismus, ADHS/ADS sowie kognitive Leistungsstörungen in Folge einer Hirnverletzung können zusammen mit einer Epilepsie auftreten. 

Menschen mit Epilepsie erkranken häufiger an psychischen Störungen wie Angsterkrankungen oder Depressionen als Menschen ohne Epilepsie. Oft wird übersehen, dass sich hinter lange anhaltenden Stimmungsschwankungen und Niedergeschlagenheit eine Depression versteckt.

In jedem Lebensalter können unterschiedliche Anfallsformen auftreten. Bei Kindern treten vermehrt Absence-Epilepsien auf. Tritt eine Epilepsie erst nach dem 60. Lebensjahr auf, unterscheidet sie sich in der Regel sowohl in der Krankheitsursache als auch in der Symptomatik und Prognose.

Detaillierte Informationen finden Sie in unseren Epi-Guides.

 

4500

Neudiagnosen pro Jahr

In der Schweiz erhalten 4500 Menschen jedes Jahr die Diagnose Epilepsie.

1%

1% der Bevölkerung betroffen

In der Schweiz sind rund 80’000 Menschen von Epilepsien betroffen, davon sind rund 15’000 noch im Kindesalter. Insgesamt lebt etwa 1 Prozent der Bevölkerung mit Epilepsien.

5-10%

5–10% der Schweizer erleben im Laufe des Lebens einen Anfall

Epileptische Anfälle sind weitaus häufiger: Etwa 5% bis 10% der Bevölkerung erleben irgendwann im Leben einen epileptischen Anfall.

In 80–90% dieser Fälle handelt es sich um sogenannte Gelegenheitsanfälle, die auf einen bestimmten Auslöser zurückzuführen sind (z.B. Fieber, Alkohol, Medikamente, Suchtmittelenzug, Müdigkeit und Schlafmangel oder anderes). Nur in rund 10–20% der Fälle entwickelt sich aus einem epileptischen Anfall eine Epilepsie.

60

Kleinkinder und Menschen über 60

Die Wahrscheinlichkeit an Epilepsie zu erkranken ist im ersten Lebensjahr und jenseits des 60. Lebensjahres am grössten.

30

Über 30 Arten von Epilepsien

Es gibt nicht eine, sondern mehr als 30 Arten von Epilepsie.

Medizinische Informationen

Unsere Partnerorganisation, die Schweizerische Epilepsie-Liga, verfügt über eine grosse Anzahl von Flyern zu verschiedensten Themen rund um die Epilepsie. Diese Flyer sind in vielen unterschiedlichen Sprachen verfügbar. 

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