«Meine Krankenkasse zahlt die Rechnungen für meine Epilepsiebehandlungen nicht. Nun gerate ich in finanzielle Nöte und weiss nicht mehr weiter.» Epi-Suisse zeigt am Fall der 30-jährigen Maya Ziegler*, welche Auswege es bei finanziellen Problemen gibt.
Eine Verkettung unglücklicher Umstände und die oftmals komplexe Situation von Epilepsiebetroffenen kann dazu führen, dass sie in finanzielle Bedrängnis kommen. Das zeigte der Fall von Maya Ziegler deutlich. Nachdem ihre Anfrage bei Epi-Suisse eingetroffen war, zeigte sich bei der ersten Kontaktaufnahme, dass nicht nur die unbezahlten Arztrechnungen das Problem waren. Frau Ziegler hatte ihre Arbeit verloren, war zu 100 Prozent krankgeschrieben und hatte somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Frau Ziegler war verzweifelt. Die finanzielle Notlage war eine enorme Belastung für sie und mit grossen Ängsten verbunden.
Frau Ziegler hat weiterhin Anspruch auf Krankentaggeld, insgesamt 730 Tage.
Frau Ziegler berichtete im persönlichen Gespräch, dass sie ihre Stelle vor drei Monaten verloren hatte. Da sie krankgeschrieben war, hatte sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Sozialberaterin stellte jedoch schnell fest, dass Frau Ziegler Anspruch auf Taggelder der Krankentaggeldversicherung hatte. Deren Zahlungen erhielt Frau Ziegler seit dem Austritt bei der alten Firma nicht mehr, weshalb sie für ihre täglichen Auslagen auf ihr Erspartes zurückgegriffen hatte, das aber schnell aufgebraucht war.
Mit einem Anruf beim früheren Arbeitgeber machte die Sozialberaterin die zuständige Krankentaggeldversicherung wie auch die Unfallversicherung ausfindig. Denn eine Rechnung der Krankenkasse ging auf einen Unfall zurück. Während eines epileptischen Anfalls verletzte sich Frau Ziegler und Ersthelfer hatten deswegen die Ambulanz verständigt, ein epileptischer Anfall mit Unfallfolgen. Um eine Rückerstattung durch die Unfallversicherung zu erhalten, musste zuerst eine Unfallmeldung über den ehemaligen Arbeitgeber gemacht werden. Glücklicherweise zeigte sich dessen Personalabteilung kooperativ und kümmerte sich um die Unfallmeldung.
Auch mit der Krankentaggeldversicherung nahm die Sozialberaterin Kontakt auf – und erhielt rasch Klarheit: Frau Ziegler hat weiterhin Anspruch auf Krankentaggeld, insgesamt 730 Tage. Allerdings wartete die Versicherung auf einen Bericht der Hausärztin, ebenso war ein aktuelles Arbeitsunfähigkeitszeugnis ausstehend. Sobald diese beiden Dinge vorlägen, würde das Taggeld ausbezahlt, auch rückwirkend, direkt an Frau Ziegler.
Die Krankentaggeldversicherung wies darauf hin, dass Frau Ziegler alle weiteren Arbeitsunfähigkeitszeugnisse direkt an die Versicherung schicken solle. Nur so könnten die Zahlungen ohne Unterbrüche erfolgen. Frau Ziegler sagte, dass sie eine psychotherapeutische Betreuung bräuchte, da sie psychisch sehr instabil sei.
Aus Angst vor weiteren Rechnungen traute sie sich aber nicht, mit der Therapie anzufangen.
Die Sozialarbeiterin klärte mit der Krankenkasse von Frau Ziegler ab, wie weit die Franchise und der Selbstbehalt bereits angerechnet waren für Behandlungen des laufenden Jahres. Da keine Restbeträge aus Franchise und Selbstbehalt mehr offen waren, entständen keine weiteren Kosten für die psychotherapeutische Behandlung, sofern diese über die Grundversicherung abgerechnet werde. Somit konnte sich die Klientin die nötige Unterstützung durch Psychotherapie holen.
Im weiteren Beratungsverlauf anerkannte die Unfallversicherung die Leistungen und übernahm die Kosten für die Ambulanz wie auch für die Behandlung der Unfallfolgen. Nach Eingang des ärztlichen Berichtes sowie des Arbeitsunfähigkeitszeugnisses löste die Krankentaggeldversicherung schliesslich die Zahlung aus.
Schritt für Schritt konnten die offenen Fragen geklärt werden und Frau Ziegler bekam wieder ein existenzsicherndes Einkommen. Die gesundheitliche Situation stabilisierte sich, die Anmeldung bei der IV-Stelle, welche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nötig gewesen wäre, wurde hinfällig. Nach einigen Wochen war Frau Ziegler teilarbeitsfähig und konnte sich beim RAV melden, um wieder eine Perspektive für eine Arbeitsstelle zu erhalten.
Aus diesem Beispiel ist ersichtlich, wie wichtig es ist, in komplexen Situationen genau hinzuschauen, damit finanzielle Engpässe gelöst werden können. Die Sozialberatung ist dabei eine wichtige Unterstützung, gerade wenn sich Betroffene in gesundheitlich instabilen Situationen befinden.
*Name geändert
Sie haben Fragen oder brauchen Unterstützung? Unsere Mitarbeitenden der Sozialberatung helfen Ihnen gerne.
Epi-Suisse
Seefeldstrasse 84
8008 Zürich
Telefon +41 43 488 68 80
Mail: sozialberatung@epi-suisse.ch
Epi-Suisse hat eine Umfrage zur Arzt-Patienten-Beziehung durchgeführt. Fast 300 Betroffene oder Eltern haben teilgenommen (Rücklauf von 23%). Die Zufriedenheit ist gross. Viele aber wünschen sich mehr Zeit und mehr Verständnis von ihren Ärztinnen und Ärzten. Die Geschäftsführerin Dominique Meier im Interview.
Interview: Carole Bolliger
54% der Patientinnen und Patienten sind gemäss Umfrage mit ihren behandelnden Neurologinnen oder Neurologen „sehr zufrieden“. Und 33% sind zumindest «eher zufrieden». Hat Sie dieses Ergebnis überrascht?
Nein, ich habe das so erwartet. Wir würden in der Beratung sehr viel mehr davon spüren, wenn eine grundsätzliche Unzufriedenheit bestehen würde. Dennoch hören wir immer wieder auch kritische Rückmeldungen, was uns veranlasste herauszufinden, was für Betroffene im Kontakt mit dem medizinischen Behandlungsteam wichtig ist und wo wir als Patientenorganisation unterstützend wirken können. Die Umfrage unter unseren 1200 Mitgliedern bildete dafür ein erstes Stimmungsbild, repräsentativ sind die Ergebnisse hingegen nicht.
Wo zeigte sich denn die grösste Unzufriedenheit mit Behandlungspersonen?
Eine fehlende persönliche Beziehung zur Behandlungsperson ist ein zentraler Faktor für Unzufriedenheit. Grössere Unzufriedenheit zeigen die Befragten auch mit den Möglichkeiten, einen Termin zu vereinbaren und der allgemeinen Praxisorganisation. In diesem Punkt ist umgekehrt auch die Zufriedenheitsrate mit 49% am geringsten. Die grösste Unzufriedenheit besteht aber in Bezug auf die Zusammenarbeit der Behandlungspersonen mit Sozial- und Krankenversicherungen.
Was ist Betroffenen an ihren Behandlungspersonen wichtig?
Neben der fachlichen Kompetenz streichen praktisch alle heraus, dass die menschlichen Qualitäten und das Vertrauen im Kontakt mit der Behandlungsperson stimmen müssen. Diese soll gut zuhören, die Betroffenen ernst nehmen, gut und verständlich informieren und bei der Therapiewahl die Betroffenen gut einbeziehen. Eine Befragte brachte es auf den Punkt: Die menschliche Qualität eines Neurologen kann das Leben eines Patienten verändern.
Das klingt nachvollziehbar und wenig überraschend. Gemessen an der Zufriedenheit scheinen die behandelnden Mediziner diese Anforderungen gut zu erfüllen.
Zu einem grossen Teil ja. In der Umfrage zeigte sich aber auch, dass gewisse Probleme des Systems, Sachzwänge des Gesundheitswesens, diesem Anspruch im Weg stehen und für die Betroffenen auch stark spürbar sind. So hat eine grosse Mehrheit der Antwortenden angegeben, die Behandlungspersonen müssten sich mehr Zeit nehmen können.
Wo sehen Betroffene konkrete Verbesserungsmöglichkeiten?
Was mir aufgefallen ist, sind die Rückmeldungen zu den Informationen: Hier wünschen sich einige eine einfachere Sprache von den Behandlungspersonen oder auch dass die eigenen Beschreibungen von Anfällen in den Worten der Betroffenen Eingang in Arztberichte finden. Probleme scheint es auch zu geben, sobald weitere Fachdisziplinen hinzugezogen werden sollten, sei es Sozialberatung oder auch Abklärungsstellen wie die Neuropsychologie. Und offenbar wünschen sich auch mehr Patientinnen und Patienten Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden wie Neurofeedback, CBD und unterstützende Therapien.
Gab es für Sie auch überraschende Ergebnisse?
Ja, wir haben befürchtet, dass Betroffene, die mit dem Behandlungserfolg unzufrieden sind, auch die behandelnden Fachpersonen schlechter beurteilen. Doch es zeigte sich klar: Die Betroffenen abstrahieren hier ganz klar. Die Mehrheit, die den Behandlungserfolg als ungenügend einstufte, zeigte gerade bei den Punkten «persönliche Beziehung» und «transparente Information» sowie «Eingehen auf persönliche Bedürfnisse/Fragen» hohe Zufriedenheit.
Überrascht und gleichzeitig gefreut hat mich aber, wie hoch der Anteil der Betroffenen oder Eltern ist, die sich gezielt auf die Konsultation vorbereiten mittels Fragelisten, Notizen oder Anfallskalendern. Über 70% der Antwortenden gehen vorbereitet zum Arztgespräch.
Welche konkreten Massnahmen und Schlüsse zieht Epi-Suisse aus der Umfrage?
Wir werden einerseits die Unterlagen zur Vorbereitung auf ein Arztgespräch nochmals verbessern und auch mit der Fachorganisation, der Epilepsie-Liga, den Austausch dazu suchen.
Auf politischer Ebene wollen wir vor allem die Hinweise nutzen, dass der hohe Zeitdruck oder Zeitmangel der Ärztinnen und Ärzte für die Patienten spürbar geworden ist und gerade Menschen mit komplexen neurologischen Behandlungen hier Bedürfnisse haben. Im direkten Kontakt mit Ärztinnen und Ärzten werden wir auf unsere Unterstützung in Bezug auf psychosoziale und sozialversicherungsrechtliche Fragen hinweisen.
«Famoses»-Kurs – Volle Kraft für den Familienalltag mit Epilepsie
Epilepsie bei Kindern – diese Diagnose bringt Familien aus dem Gleichgewicht. Angst, Überforderung und Unverständnis im Umfeld belasten zusätzlich. Epi-Suisse unterstützt Familien mit dem Kurs «famoses», in dem Kinder und Eltern lernen, im Alltag besser mit der Erkrankung zurecht zu kommen.
Epilepsie hat viele Gesichter und ist für Eltern, die betroffenen Kinder und auch die Geschwister mit starken Emotionen verbunden. EEG, MRT, fokale oder tonische Anfälle – plötzlich stehen unbekannte medizinischen Begriffe im Zentrum. Das betroffene Kind muss Medikamente nehmen, obwohl es möglicherweise nicht will. Schulkameraden reagieren mit Unverständnis, ziehen sich vielleicht sogar zurück. Die Angst vor dem nächsten Anfall begleitet die Eltern auf Schritt und Tritt.
Erfahrene, geschulte TrainerInnen
„Famoses“ steht für modulares Schulungsprogramm für Familien mit Epilepsie. Es ist ein Kurs, der speziell für Familien mit einem epilepsiebetroffenen Kind erarbeitet wurde und von besonders erfahrenen und geschulten Trainerinnen und Trainern geleitet wird. Im Zentrum steht, das Wissen und den Umgang mit der Erkrankung zu stärken.
Eltern und Kinder (auch Geschwisterkinder) lernen getrennt voneinander, unter Berücksichtigung ihrer besonderen Perspektive und natürlich altersgerecht, was Epilepsie ist, was im Kopf passiert bei einem Anfall und welche Folgen die Krankheit im Alltag haben kann.
Die Eltern werden im Kurs von eine/r Neuropädiater/in und einer Psychologin/Pflegeexpertin begleitet. «Der Kurs war so hilfreich, weil auch viele unserer persönlichen Fragen beantwortet wurden», berichtet eine Mutter. «Jetzt habe ich das Brevet in Epilepsie erworben und bin für den Alltag und auch im Kontakt mit unserem behandelnden Neuropädiater bestens gewappnet.»
«Ich bin ja gar nicht die einzige»
Der Kinderkurs wird von zwei Kindertrainerinnen geleitet. Die Mädchen und Buben begeben sich als Matrosen und Seemänner spielerisch auf die Insel «Fungus Rock», lernen, warum Medikamente helfen und üben auf der Ferieninsel, wie sie Epilepsie im Alltag, mit Schulkameradinnen und -kameraden oder Bezugspersonen ansprechen können. In vielen Fällen ist der famoses-Kurs für die kleinen Teilnehmenden das erste Mal, dass sie mit anderen betroffenen Kindern in Kontakt kommen. «Ich bin ja gar nicht die einzige mit dieser Krankheit», erzählt Marina, 9-jährig, nach dem Kurs und hält ihrer Mutter stolz das neue Seefahrer-Epilepsie-Diplom entgegen.
Der famoses-Elternkurs richtet sich an Eltern von betroffenen Kindern jeden Alters. Der Kinderkurs ist für Regelschüler im Alter von 8 bis 12-jährig geeignet. Die Kinder müssen lesen können und sollten sich über eine längere Zeit auf den Kurs konzentrieren können.
Erfahren Sie in unserem Veranstaltungskalender [Link auf Veranstaltungen], wann der nächste Kurs stattfindet oder fragen Sie direkt auf der Geschäftsstelle nach an info@epi-suisse.ch oder 043 488 68 80.
17. März 2025
19:00 – 21:00 Uhr
2. April 2025
19:00 – 20:30 Uhr
12. April 2025 – 19. April 2025